4.Mose Numeri 11 Predigt an Pfingstmontag

Der Geist führt uns zusammen und er befreit uns.

Aber der Weg in die Freiheit ist weit und mühsam.

Für das Volk Israel geht der Weg durch die Wüste.

Sie schauen zurück und maulen: „In Ägypten hat-ten wir Fleisch und Fisch und Gurken, Melonen, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch.“ Beim Aufzählen läuft ihnen das Wasser im Mund zusammen.

„So schön war es in Ägypten! So viel besser war alles früher!“ Unterdrückung und Schufterei sind vergessen. Wenn der Magen knurrt, ist die Freiheit gleichgültig. Israel erzählt seine Geschichte mit viel Ironie und Humor. 4.Mose 11:

 

Mose hörte das Volk jammern. Alle Familien standen vor ihren Zelten und beklagten sich.

Da geriet der Herr in großen Zorn.

Auch Mose war böse auf das Volk. Er fragte den Herrn: »Was spielst du deinem Knecht so übel mit? Warum bist du nicht auf meiner Seite? Du hast mir das ganze Volk aufgeladen. Bin ich etwa seine Mutter? Habe ich es zur Welt gebracht? Wie kannst du da zu mir sagen: ›Trag es so fürsorglich auf deinen Armen, wie man einen Säugling trägt! Trag es in das Land, das ich seinen Vorfahren versprochen habe!‹

Woher soll ich Fleisch nehmen für dieses ganze Volk? Sie liegen mir in den Ohren: ›Gib uns Fleisch zu essen!‹ Ich kann diese Last nicht allein tragen, sie ist zu schwer für mich. Bevor du das von mir verlangst, lass mich lieber sterben! Ich kann mein Elend nicht mehr mitansehen.«

 

Alle stehen vor ihren Zelten und jammern. Sie sind auf ihrem Weg beinahe verhungert und verdurstet und sie wurden gerettet. Sie haben so viel über-standen, aber jetzt genügt eine Kleinigkeit und sie verzweifeln.

So sind wir: Eine Pandemie bedroht die Menschen und wir denken nur an Klopapier. Die Furcht von irgendetwas nicht genug zu haben, bringt unsere Welt ins Wanken.

Auch Mose macht keine gute Figur. Auch er hat anscheinend völlig vergessen, wie Gott sein Volk aus größter Gefahr gerettet hat. Er stimmt ein in das Gejammer und er vergeht vor Selbstmitleid. Am liebsten möchte er sterben. Mag sein, das ist eine typische Erschöpfungsdepression, Burnout.

Aber wie kommt Mose denn auf die Idee, er müsste das Volk tragen? Mose überschätzt sich maßlos – keinen Schritt hat er sie getragen. Vielmehr hat Gott sein Volk wie eine Mutter auf den Armen getragen und durch alle Gefahren der Flucht bewahrt und gerettet. Ich kann diese Last nicht allein tragen …  Ich kann mein Elend nicht mehr mitansehen. Selbstmitleid und Selbstüber-schätzung liegen nah beieinander. Auch Mose hat die verzerrte Perspektive eines Menschen, der nur sich selbst sieht.

Die Autoren der Bibel erzählen mit einem Augenzwinkern: „Schaut hin, so blöd sind wir.

So irrational in unserer Angst um uns selbst.“

Die Jammergestalten vor ihren Zelten und Mose kurz vor dem Durchdrehen erinnern an das Verhalten eines Dreijährigen: Aus aller Kraft brüllt er und heult verzweifelt, er kann gar nicht mehr damit aufhören, weil er nicht bekommt, was er will.

 

Gott aber reagiert cool:

Da sagte der Herr zu Mose: »Versammle vor mir 70 Männer von den Ältesten Israels! Sie sollen dir als Älteste des Volkes und als Verwalter bekannt sein. Bring sie zum Zelt der Begegnung! Dort sollen sie sich zusammen mit dir aufstellen.       Ich werde herabkommen und dort mit dir reden. Ich will ihnen etwas von dem Geist übertragen, den ich dir gegeben habe. Dann können sie zusammen mit dir die Last des Volkes tragen, und du bist nicht mehr allein. Aber zum Volk sollst du sagen: Bereitet euch vor und macht euch heilig für morgen! Ihr sollt Fleisch zu essen bekommen. Denn ihr habt euch beim Herrn beklagt: ›Warum haben wir kein Fleisch zu essen? In Ägypten ging es uns gut.‹ Aber der Herr wird euch Fleisch zu essen geben. Ihr sollt es nicht nur für einen Tag bekommen, auch nicht nur für zwei, fünf, zehn oder zwanzig Tage. Einen ganzen Monat lang sollt ihr es essen – bis es euch zum Hals heraushängt und euch speiübel davon wird.

Mose ging hinaus zum Volk und sagte ihm, was der Herr angedroht hatte. Er versammelte 70 Männer von den Ältesten des Volkes. Die stellte er rings um das Zelt der Begegnung auf. Da kam der Herr in einer Wolke herab und redete mit Mose. Auf die 70 Ältesten übertrug er etwas von dem Geist, den er Mose gegeben hatte. Sobald der Geist mit ihnen war, redeten sie eine Zeit lang wie Propheten.

 

Gott nimmt etwas von dem Geist, den er Mose gegeben hatte. Mose hat sich überschätzt: Nicht er selbst hat das Volk getragen. Mose allein kann nichts. Gott hat ihm für seine Aufgabe den nötigen Geist gegeben.

Tröstlich ist: selbst ein Mose verzagt und zweifelt. Mit Humor und Sympathie beschreibt die Bibel, wie so ein großer Mann ganz kleinlaut wird.  Moses Irrtum ist ein verbreitetes Phänomen in der Kirche. Die fleißigen verantwortungsbewussten Aktiven  engagieren sich – ohne sie gäbe es vieles in der Gemeinde nicht. Manchmal muss man sie vor sich selbst schützen, weil sie so schlecht nein sagen können. Auch für sie gilt, wie für Mose: Nein, nicht du trägst die Gemeinde. Gott trägt die Gemeinde und auch dich. Sein Geist bewegt die Kirche und führt sie auf neue Wege. Mose sieht nur sich selbst vor dem Berg der Aufgaben. Gott sagt: „Mach die Augen auf und such andere, die mit dir die Arbeit machen!“ Gottes Geist hat Mose nicht für sich bekommen, nicht wie einen Besitz.

Er geht weiter. Er wirkt wo und wie es Gott gefällt.

Er weckt Glauben, tröstet, macht Mut, belebt.

Mose erkennt: Er  hat Gott zu wenig zugetraut, er war viel zu sehr auf seine eigenen Möglichkeiten und Sorgen fixiert.

Gott antwortet auf seine Vertrauenskrise und öffnet Mose einen neuen Weg.

Manchmal wundern wir uns im Rückblick:

Wir halten uns für überlastet und dürfen entdecken, wie Gott uns durch schwere Zeiten trägt. Wir wollen uns vor Aufgaben drücken, die uns groß wie ein Berg erschienen und dürfen erfahren, wie sie gemeinsam zu bewältigen sind.

Gottes Geist öffnet uns neue Möglichkeiten, an die wir noch gar nicht gedacht haben.

Die 70 haben nur kurz prophetische Gaben, aber durch dies Erlebnis wissen sie nun: Gott traut mir etwas zu. 70, das war die Zahl der Mitglieder des Hohen Rates in Jerusalem. Ganz gleich, ob es 70 oder 7 sind, es tut gut, gemeinsam Verantwortung zu tragen. Es ist schön, im Team die Mutter-Kind-Gruppe für die Flüchtlinge zu leiten, im Kirchen-gemeinderat zu sein, eine Konfi-Freizeit oder  einen Gottesdienst zu gestalten. Gott gibt uns seinen Geist. Gott traut uns zu, dass wir gemein-sam etwas bewegen und neue gute Wege finden.

Amen