1. Korinther 15, 19-28

Predigt am 20. April 2014 von Andreas Hansen über 1. Korinther 15, 19-28

Ostersonntag (der Predigttext wird in der Mitte der Predigt gelesen, anschließend singt Cosima Büsing)

Liebe Gemeinde,

Kurt Marti, der Dichter und Pfarrer, schrieb:

Ein Grab greift tiefer als die Gräber gruben denn ungeheuer ist der Vorsprung Tod. am tiefsten greift das Grab das selbst den Tod begrub, denn ungeheuer ist der Vorsprung Leben.

An Ostern bekommt das Leben einen „ungeheuren Vorsprung“. Für uns ist Leben angesagt. Das leere Grab Jesu, so erschreckend zuerst, so unverständlich, es gibt uns die Hoffnung über Tod und Grab hinaus. Wir werden auferstehen und leben. Aber Auferstehung ist so abstrakt, unvorstellbar, nicht zu begreifen. Etwas kommt von Gott her auf uns zu, etwas widerfährt uns, jenseits unseres Lebens, jenseits unserer Zeit und unserer Begriffe. Auferstehung der Toten? – zu allen Zeiten war es schwer, das zu glauben. „mein Glaube ist des Zweifels voll, weil ich nur dieses Leben sehe“, heißt es so ehrlich in einem Lied. Mitten in der Gemeinde, bei Menschen, die sich sehr wohl für Christen halten, gibt es Zweifel daran, dass wir auferstehen werden. Es fällt uns zum Beispiel viel leichter, Kindern zu erzählen, was an Weihnachten geschah, als von Ostern zu erzählen. Wir sehen doch nur dieses Leben. Das leere Grab nach dem schrecklichen Tod am Kreuz, die verstörten Frauen und Jünger, die Jesus zuerst nicht erkennen, als er ihnen begegnet – uns fehlen die Worte für das neue Leben. Wir verstehen nicht. Wie könnten wir auch verstehen? Viele haben sich eine einfachere Deutung von Ostern und Auferstehung zurechtgelegt: Wenn es wieder grünt und blüht draußen, dann fängt das Leben neu an. Wenn einer nach Krankheit wieder aufsteht, dann ist das doch wie Ostern. Wenn wir Streit schlichten, Einsame in unseren Kreis holen, Menschen aus ihrer Not befreien, bricht doch österlicher Jubel aus. Das alles ist wunderbar, aber es ist gleichsam nur „Ostern light“, ein Bisschen Ostern. Was tun wir wenn wir mit diesen Erklärungen Auferstehung in Erfahrungen unseres Alltags herunterbrechen? Letztlich weichen wir so der Wirklichkeit des Todes aus. Wir verdrängen und verleugnen, was wir doch hundertprozentig sicher wissen: Dass wir sterben müssen, alle, wir selbst und auch die Menschen, die wir lieben. Wenn wir Ostern für uns umdeuten, wenn Auferstehung nur ein Symbol für glückliches Leben wird, dann können wir auf Jesus verzichten, ja dann ist der christliche Glaube überhaupt ein lächerlicher Irrtum. Darum schreibt Paulus damals den Christen in Korinth unseren heutigen Predigttext.

1. Kor 15, 19-28: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören; danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat. Denn er muss herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1). Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.“

Cosima Büsing, Mezzosopran singt Johann-Georg Händel: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“

„Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Aber nun ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ Jesus ist wahrhaftig auferstanden. Nun beginnt eine neue Zeit. Was an Ostern geschah, geht weiter. Was jetzt beginnt, wird alles verändern. Paulus verweist auf den allerersten Anfang. Er stellt Adam und Christus einander gegenüber. So kann er beschreiben, wie sehr sich alles wandeln wird. Adam ist der Mensch, der sterben muss, jede und jeder. Schon sein Name verweist auf die Adama, die Erde, von der er genommen ist und zu der er wird. Adam steht auch für den Menschen, der schuldig wird und über andere Böses und Leid bringt. Adamsmenschen sind wir alle. Christus ist der neue Mensch. „Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus auch alle zum Leben erweckt werden.“ So sieht unsere Zukunft aus. Christusmenschen werden wir, in Christus erweckt zum Leben. Noch aber ist es nicht so weit. Noch herrscht der Tod und wir erleben seine Macht. „Nun aber ist Christus auferstanden.“ Ostern ist der Anfang vom Ende des Todes. Der erste entscheidende Schritt ist getan. Wir jubeln schon jetzt und feiern seinen Sieg. Und wenn wir betroffen sind von Leid und Abschied und Tod, tröstet uns die Hoffnung über Tod und Grab hinaus. Es ist schon entschieden, wer das letzte Wort behält – „ungeheuer ist der Vorsprung Leben.“ Mit Jesu Tod am Kreuz schien alles, was er getan hatte, null und nichtig, aus und vorbei. Aber merkwürdig: seit Ostern ist sein Tod noch ermutigender als es sein Leben schon war. Den Frauen am Grabe wird aufgehen: im Tod, war Christus nicht allein. Gott selber ist mit ihm in den Tod gegangen. Der lebendige Gott hat Licht in das Dunkel des Todes gebracht. Das unerbittliche Nein des Todes ist verschlungen in Gottes Ja. Ostern ist der Anfang vom Ende des Todes.

Nun zieht Paulus einen großen Bogen. Er legt einen Psalmvers aus und bezieht ihn auf Christus. Wie einen Kampf beschreibt er, was er erwartet. Christus wird alle Herrschaft, Macht und Gewalt vernichten. Alle Feinde Gottes werden zunichte. Nichts und niemand darf sich Gott entgegenstellen. Unsere Welt ist voll Widerspruch gegen Gott. Wer andere unterdrückt, ausbeutet, ihnen Gewalt antut, stellt sich gegen Gott. Aber nichts davon bleibt: Alle Herrschaft, Macht und Gewalt wird zuende sein. Die ganze Schöpfung, alle und alles wird von Christus beherrscht. Als letzter Feind Gottes wird der Tod vernichtet. Wenn Jesus wiederkommt und das alles geschieht, dann werden alle auferstehen, die zu ihm gehören. Zuletzt wird Gott alles in allem sein – was mit Ostern begonnen hat, kommt an sein Ziel.

Vertröstet uns Paulus auf ein besseres Jenseits? Sicher ist es ein Trost, dass wir nicht immer Adamsmenschen bleiben, sondern Christusmenschen werden. Wir hoffen, dass alle Gewalt, alle ungerechte Herrschaft, alle böse Macht ein Ende haben wird. Es tröstet uns, dass Gott abwischen wird alle Tränen, und der Tod besiegt sein wird. Paulus vertröstet uns nicht, er tröstet und beschreibt die Hoffnung, die wir seit Ostern haben. Würde Paulus, würde unser Osterglaube uns vertrösten, dann würden wir die Wirklichkeit aus dem Blick verlieren und uns etwas vormachen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir sehen nicht weg von dem, was uns und anderen Sorgen macht. Wir schließen nicht die Augen vor der unheimlichen Macht des Todes. „Christen sind Protestleute gegen den Tod und seine Helfershelfer“, sagte der evangelische Theologe Johann Christoph Blumhardt. Wir leben schon jetzt im Licht der Auferstehung Jesu. Wir müssen alle sterben. Nichts ist so sicher wie der Tod, todsicher. Und doch protestieren wir im Namen Jesu gegen den Tod. Der Tod behält nicht das letzte Wort. Das Leben hat an Ostern einen „ungeheuren Vorsprung“ bekommen. Der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen